Es gibt in ‚Bad Teacher‘ keine so denkwürdige Szene, als jene mit dem ‚Haar-Gel‘ aus ‚There Is Something About Mary‘. Doch auch so bietet Cameron Diaz als äußerst fragwürdige Lehrerin genügend unerwartete Anzüglichkeiten, die in dieser Form von einem abgebrühten Publikum wohlwollend bejubelt werden können. Der Spaßfaktor wird bei ‚Bad Teacher‘ ganz großgeschrieben, und das Dreigespann Kasdan, Stupnitsky und Eisenberg versteht es, ohne Unterlass ein stummes „was zur Hölle…“ auf die überraschten Gesichter des Zuschauers zu zaubern. Aber richtig rund läuft der Film dabei leider trotzdem nicht. Während man sich auf die Zugkraft von Cameron Diaz verlässt, hat man vollkommen die Dramaturgie aus den Augen verloren.
Elizabeth Halsey muss zu ihrem großen Verdruss weiterhin als Lehrerin arbeiten, als ihr reicher Gatte die Ehe mangels Liebe annullieren lässt. Der Schmerz ist schnell überwunden, als ihr bewusst wird, dass sie einfach nur größere Brüste braucht, um wieder schnell an einen reichen Typen zu kommen. Ihr Lehrauftrag, die Beziehung zu ihren Kollegen, ihre Lebenseinstellung, alles dreht sich wie ein Mäntelchen im Wind, wie es eben gerade das Ziel erfordert, möglichst schnell an das Geld für die Brustvergrößerung zu kommen. Elizabeth Halsey kennt dabei keine moralischen Grenzen. Der Unterricht wird mit Spielfilmen wie ‚Stand and Deliver‘, ‚Dangerous Minds‘ oder ‚Der Prinzipal‘ bestritten. Sie stiehlt staatliche Prüfungsfragen, um die eigene Klasse auf Platz eins zu setzen. Gut meinende Kolleginnen werden auch schon mal mit geschickt gesetzten Fallen einer üblen Allergie ausgesetzt, um sie kaltzustellen.
Das Schöne an diesem durchweg anrüchigen und verwerflichen Verhalten ist seine Konstanz. Zu keinem Zeitpunkt denken Kasdan, Stupnitsky und Eisenberg daran, die moralischen Zügel anzuziehen. Die politische Korrektheit bleibt vollkommen außen vor, und das Dreigespann verschont das Publikum vor falscher Läuterung oder einem wirklich unangebracht erhobenen Zeigefinger. Und immer, wenn man glaubt, dass Diaz ihre Meisterin in Form der übermotivierten Lucy Punch gefunden hat, setzt die gehässige und gemeine Blondine noch eine Bösartigkeit oben drauf. Ein sehr zurückhaltender Jason Segel an ihrer Seite zeigt dabei einen seiner angenehmsten, unaufdringlichsten Leinwandauftritte, während das vermeintliche Objekt der Begierde mit Justin Timberlake zu aufgesetzt gegen den Strich besetzt wirkt. Dagegen ist die bizarre Freundschaft zu dem älteren Mauerblümchen Phyllis Smith schon wieder ein wunderschönes Detail.
Doch wie gut oder schlecht der Film auch besetzt sein mag, es ist allein Cameron Diaz‘ Show, die ihren egoistisch rücksichtslosen Charakter zur Hochform bringt. Und genau hier fällt das Kind in den Brunnen, weil das von sich überzeugte Dreigespann von Regie und Autoren auch noch die Posten der Ausführenden Produzenten besetzt. Dabei hätte es gutgetan, dass sich noch einmal jemand des Charakters der Elizabeth Halsey annimmt. Die Figur hat keinen Hintergrund, und ihre Motivation scheint um dieser selbst willen. Die brennendsten aller Fragen sind dabei, warum Halsey überhaupt Lehrerin werden wollte und mit ihrer Einstellung dieses Amt überhaupt ausführen darf.
Es gibt merkliche Unterschiede zwischen Komödien. Beim Klamauk geht alles, und wenn es auf Kosten des Zuschauers geht. Bei schwarzen Komödien sieht das etwas anders aus. Damit diese nicht in den Klamauk abdriften, muss man ein viel dichteres, glaubwürdigeres Netz an Charakterisierung weben. Bei aller Freude, die einem Cameron Diaz bereitet, bei all dem herrlich anstößigen Spaß, den man serviert bekommt, fehlt ‚Bad Teacher‘ am Ende doch das kleine Etwas. Und das ist nicht etwa eine Haar-Gel-Szene, sondern der Mut, dem Zuschauer mehr Menschlichkeit zuzutrauen, um eine schwarze Komödie richtig bitterböse zu machen.
Darsteller: Cameron Diaz, Lucy Punch, Jason Segel, Justin Timberlake, Phyllis Smith, John Michael Higgins, Dave Gruber Allen u.a.
Regie: Jake Kasdan – Drehbuch: Gene Stupnitsky, Lee Eisenberg – Kamera: Alar Kivilo – Bildschnitt: Tara Timpone – Musik: Michael Andrews
USA / 2011 – zirka 92 Minuten